Ist ein Fertigmüsli zum Frühstück ein gesunder Einstieg in den Tag, insbesondere für Kinder? Die Hersteller entsprechender Produkte werden seit Jahr und Tag nicht müde, die Botschaft zu verkünden, dass dem so sei. Doch weit gefehlt: Der Zuckergehalt von vielen industriell hergestellten Frühstückscerealien für Kinder ist in Deutschland erschreckend hoch. Noch immer ist der Markt voll von extrem gesüßten Produkten – die Hersteller werden ihrer Verantwortung für eine gesunde und ausgewogene Ernährung nicht gerecht. „Zuckergehalt deutscher Frühstückszerealien für Kinder – Empfehlungen und Wirklichkeit“ unter diesem Titel kommt ein Beitrag der Hohenheimer Ernährungswissenschaftlerinnen Prof. Nanette Ströbele, Stephanie Germer und Caroline Hilzendegen ganz unscheinbar in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Ernährungs Umschau daher ( vollständiger Artikel im Web leider nur in englicher Version). Basis der Untersuchung war eine Erhebung in Supermärkten im Raum Stuttgart, kombiniert mit einer Internetrecherche, wobei insgesamt 664 verschiedene Frühstückszerealienprodukte erfasst wurden, die die Wissenschaftlerinnen auf ihren Zuckergehalt untersuchten. Dabei wurde zwischen Kinderfrühstückszerealien, sonstigen Frühstückszerealien (Produkte für Erwachsene) sowie zwischen konventionellen und Biofrühstückszerealienprodukten unterschieden.
Die Ergebnisse bestätigen auf einer wesentlich breiteren Basis die Vorwürfe, die Foodwatch bereits im vergangenen September auf Grund eines Marktchecks von 143 Produkten gegen die Hersteller erhoben hat. Hier die Hohenheimer Ergebnisse:
– Gäbe es die Lebensmittelampel in Deutschland, hätten knapp 80% der insgesamt 664 untersuchten Produkte wegen des hohen Zuckergehaltes „Rot“ verdient – sie enthalten mehr als 12,5g Zucker pro 100g.
– Bei den Kinderfrühstückszerealien fallen sogar 90% aller Produkte in die rote Kategorie. Besonders bedenklich: Die Hälfte davon enthält über 30 g Zucker pro 100 g – also mehr als das 2,5-fache des Grenzwertes, den die englischen Food Standard Agency (FSA) für den Zuckergehalt setzt. „Die Ergebnisse zeigen einen signifikant höheren Gehalt von Zucker pro 100 g in Kinderfrühstückszerealien im Vergleich zu Zerealien, die nicht als Kinderlebensmittel vermarktet werden (durchschnittlich 28 g versus 18 g pro 100 g).“ heißt es in der Zusammenfassung der Studie.
– Einziger Lichtblick: Die Bioprodukte in der Studie schneiden mit wesentlich geringeren Zuckergehalten im Durchschnitt sehr viel besser ab!
Da es in Deutschland keine Richtlinien für den Zuckergehalt von Frühstückszerealien oder Kinderlebensmitteln gibt, haben sich die Autorinnen an den Empfehlungen FSA orientiert. Die FSA hat die Grundlage für die freiwillige einheitliche Ampelkennzeichnung entwickelt, die seit kurzem in Großbritannien eingeführt ist. Lebensmittel mit mehr als 12,5g Zucker pro 100g erhalten demnach die rote Karte bzw. das rote Stopp-Licht für einen zu hohen Zuckergehalt.
Für den hohen Zuckergehalt gibt es weder einen vernünftigen ernährungsphysiologischen noch einen technologischen Grund – allenfalls einen umsatzorientierten: Kinder präferieren die süßen Produkt und konsumieren mehr davon als von schwach gesüßten Produkten – so lassen sich die „Süßen“ viel besser verkaufen. Das macht im Zweifelsfall die Hersteller und ihre kleinen Kunden fett: Die Adipositas im Kindes- und Jugendalter lässt grüßen. Wer Kinder so mit Zucker „anfüttert“, leistet keinen Beitrag zu ihrer ausgewogenen und gesunden Ernährung. Auch die Autorinnen fordern deshalb Konsequenzen- wenn auch sehr zaghaft, im Konjunktiv: In Anbetracht der Ergebnisse „wäre eine mögliche verbraucherschützende Maßnahmen die deutschland- und europaweite Festlegung von Höchstwerten für den Zuckergehalt von Frühstückszerealien für Kinder.“ Sie geben zu bedenken: „Letztendlich stellt sich die Frage der Verantwortlichkeit.“ – auf die sie selbst allerdings eine Antwort schuldig bleiben.
Übrigens: Foodwatch forderte eine Höchstmengenregelung für Kinder-Frühstücksflocken: Nur Produkte mit einem maximalen Zuckeranteil von zehn Prozent sollten an Kinder vermarktet werden dürfen. Über die Prozentzahl lässt sich diskutieren – aber in diese Richtung, liebe Hersteller von Frühstückszerealien, muss es gehen! Als Reaktion auf die Foodwatch-Vorwürfe hat Nestlé (Meldung v. 20. März) als einer der großen Anbieter im Frühstückszerealien-Markt den maximalen Zuckergehalt für Kinder-Frühstücksflocken auf maximal 28% reduziert – „von sehr viel zu viel auf viel zu viel“, so eine Foodwatch-Sprecherin. Bis hier mehr passiert, kann der Rat an alle Eltern nur sein: Wenn Frühstückszerealien, dann sollten es unbedingt die wesentlich zuckerärmeren Bioprodukte sein!
Tja Herr Knop. Wenn ich mir die Quellenangaben in Ihrem Buch so anschaue, fällt vor allem eines auf. Wo sind die Studien der Primärliteratur? Sie beziehen sich auf irgendwelche Artikel in Zeitschriften, Fachzeitschriften, Abstracts oder Internetseiten. Dennoch rühmen Sie sich damit über 300 wissenschaftliche Arbeiten ausgewertet zu haben…
Ich befürchte, dass Sie einfach nur das nachplappern, was andere schon lange tun (siehe Pollmer und Co.). und da die Botschaften natürlich gut ankommen – sie sind ja gegen den Strom – erhaschen sie damit sicherlich auch eine gewisse Aufmerksamkeit.
Für bahre Münze nehmen, kann man Ihre Aussagen jedenfalls nicht.
In sofern würde ich etwas kleinlauterer werden…
Die Wette würden Sie gewinnen. Aber wenn man alles “haben” müsste, wozu es Studien & Wissenschaft gibt, mit denen man sich kritisch auseinandersetzt, dann dürfte man nur noch über sehr wenig schreiben … und auch Ihr Blog wäre dann wohl ziemlich dürr.
Diäten, Adipositas, Essstörungen, Ernährungsregeln, Veganismus … all das “habe” ich nicht. Aber ich “maße” mir an als unabhängiger Dipl.oec.troph. – der lesen & (bisserl) denken kann – dazu ein Urteil zu bilden. Und das gilt auch für den “bösen Zucker, den die schlimme Industrie den armen Kindern unterjubelt”.
Möchten Sie sich um einen Beraterjob bei foodwatch bewerben, Herr Dr. Mühleib? Der Artikel strotzt ja nur so vor Lob & Würdigung der Arbeit von foodwatch; ein klasse (Be)Werbungsbeitrag – prophylaktisch wünsche ich Ihnen dabei schon mal VIEL ERFOLG (für deren fast schon pathologisches „Capri-Sonne-Bashing“ wären Sie ein ernst zu nehmender Mit-Arbeiter) !
Zur Sache selbst:
1. Eine aufgeblähte Nummer moralinsaurer Ernährungsapostel. Die omnipräsente Zuckerparanoia basiert – wie immer in der Ernährungsbeobachtungsforschung – auf nicht mehr als Vermutungen & Spekulationen. Denn es gibt KEINEN einzigen BEWEIS, dass Zucker dick macht oder gar „schädlich“ ist. Es ist auch anmaßend & wissenschaftliches Kindergartenniveau, dass ein einziger Inhaltsstoff in Lebensmitteln für Körpergewicht oder Gesundheit/Krankheit verantwortlich gemacht werden kann – allein beim Gewicht gibt es mehr als 15 ÜBERGEORDNETE (Lebensstil)Faktoren, die bei der stets individuell-mulitkausalen Entwicklung von Über-/Untergewicht einen Rolle spielen [1].
2. Warum wohl schmecken die „Kinderlebensmittel“ so, wie sie schmecken? Weil es die Industrie so will? Nein. Weil die Kinder es so wollen. Den Kindern SCHMECKT es eben zuckriger als uns Erwachsenen – und das hat auch seine evolutionsbiologischen Gründe (siehe z.B. unten, Leseprobe, Universität Washington). Was bringt ein „ungezuckertes Bio-Müsli“, wenn es Kindern nicht schmeckt und sie Zucker drüber kippen? Das ist doch eine paradoxe Doppelmoral. Generell gilt: Die Industrie orientiert sich an den BEDÜRFNISSEN der jeweiligen Zielgruppe, die machen keine „bösen Produkte, weil sie das gut finden“. Es wird geprüft, wer isst was wie – und so werden die Produkte gemacht. Also wenn beschweren, liebe Ernährungsapostel, dann bitte direkt bei den Kindern: „Ihr kleinen Racker, WARUM nur wollt es immer so süß haben?“
“Zur Vorliebe für zuckerhaltige Lebensmittel gaben beispielsweise Experten der Universität Washington 2009 bekannt: „Wir wissen, dass die Vorliebe für Süßes mit dem körperlichen Wachstum einhergeht. Diese Verbindung macht Sinn, denn in der Zeit, in der Kinder schnell wachsen, braucht ihr Körper auch mehr Kalorien.“ Und die holt er sich dann bevorzugt aus schnell verfügbaren Energiequellen wie Süßigkeiten. Die Lust auf Süßes entspricht in der Wachstumsphase also einer biologischen Notwendigkeit. Alle erwachsenen Vorkoster sollten diesbezüglich auch von folgender Erkenntnis der Geschmacksforscher des ttz Bremerhaven wissen:
Die geschmackliche Wahrnehmung von Kindern unterscheidet sich besonders bei süßen Lebensmitteln wesentlich vom Geschmacksempfinden der Erwachsenen – Kinder nehmen „süß“ erst bei einer viel höheren Zuckerkonzentration wahr. Was also für Mutti „quietschsüß“ schmeckt, erreicht bei Klein-Leonie vielleicht gerade mal die Reizschwelle des Merkbaren. Diese geschmacklichen Reizschwellen verschieben sich mit steigendem Alter der Kinder nach unten; Süß wird dann auch in niedrigeren Konzentrationen geschmeckt.” (HUNGER & LUST)
[1] https://www.echte-esser.de/Presse/Pressetexte/Uebergewicht-hat-viele-Gesichter-aber-die-Weihnachtsgans-ist-unschuldig.html
Ach lieber Herr Knop,
man merkt, dass Sie keine Kinder haben (.. würd ich jedenfalls drauf wetten).