Mit Lebensmitteln spielt man nicht – das war eine eherne Regel meiner Kindheit. Zuwiderhandlungen wurden sofort geahndet. Für Investoren gelten solche Regeln nicht. Wo Gewinne winken, geraten gute Erziehung und Moral schnell in Vergessenheit.

Heute meldet das Handelsblatt: Die Preisspirale bei Nahrungsmitteln dreht sich seit einem halben Jahr weltweit wieder gefährlich in die Höhe – und 2011 könnte es noch dramatischer werden. Hauptgrund: Finanzinvestoren treiben das Spiel mit Lebensmitteln auf die Spitze. Seit der Finanzkrise weichen immer mehr Investoren in Agrarindizes, Futures und Derivate auf agrarische Rohstoffe aus. Nach Informationen der amerikanischen Investmentbank Meryll Lynch ist das Fondsvolumen rund um Agrarrohstoffe, Metalle und Öl seit Jahresbeginn um 20 % auf 200 Mrd. Dollar gestiegen. Dem realen Angebot steht so eine durch Finanzprodukte künstlich gepushte Nachfrage gegenüber, die die Preise nach oben treibt. Und niemand kann dem Treiben dieser Zocker Einhalt gebieten.

Das fördert nicht nur die Bildung einer neue Blase, sondern treibt die Lebensmittelpreise in den Industrieländern mittelfristig in die Höhe. “Der Druck auf die Weltmarktpreise der meisten Grunderzeugnisse lässt nicht nach, die Verbraucher werden womöglich keine große Wahl haben und die höheren Preise bezahlen müssen”, so die FAO in ihrem am Mittwoch in Rom veröffentlichten Halbjahresbericht zur Preisfront. Nach einer Meldung der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungsindustrie (BVE) legte der AMI-Agrarrohstoffpreisindex in den letzten 12 Monaten bereits um knapp 30 % zu. Ganz zu schweigen von den Armutszonen unserer Welt, in denen die Verteuerung der Grundnahrungsmittel neue Hungerkatastrophen auslösen wird. Heiner Flassbeck, Chefökonom der UN-.Welthandelsunion UNCTAD, fordert eine radikale Regulierung: „Viele Hedgefonds haben sich auf Nahrungsmittelmärkte spezialisiert. Es darf keine Spekulation mit Nahrungsmitteln geben.“ Ein Rufer in der Wüste, dessen Forderung an den Spekulanten ungehört vorübergehen wird. Mit Lebensmitteln spielt man nicht. Da lacht der Finanzhai und schnappt sich nebenbei noch ein Derivat. Und die Politik? Die lässt wie immer mit sich spielen!