Oder: Warum wir mehr Information und Aufklärung über Lebensmittelhygiene im Haushalt brauchen.

Was können, müssen Ernährungsprofis zu EHEC sagen? Sie müssten wissen, dass EHEC nur Teil eines wesentlich umfassenderen Problems ist. Es geht hinter EHEC um Lebensmittelinfektionen und um Lebensmittelhygiene als Strategie zu deren Verhinderung. Der heiße Sommer steht uns noch bevor. Jeder Ernährungsprofi weiß, dass mit der Hitze die Keime sprießen: Enteroviren (EVEC), Enterobakterien wie EHEC, Salmonellen, Campylobakter & Co. (weitere kleine Kollegen dieser Fraktion siehe z.B. Sinell, Einführung in die Lebensmittelhygiene) freuen sich dann ihres Lebens. Hygiene ist die beste und effektivste Möglichkeit, Erkrankungen durch diese Erreger vorzubeugen.

Für Minister und EHEC-Experten scheint sich Lebensmittelhygiene allerdings aufs Händewaschen zu beschränken. Hände waschen, Hände waschen, Hände waschen – langsam bekomm ich schon vom Zuhören einen Waschzwang und Pickel von der Einfallslosigkeit. Leider ist das aber die Realität: Auch für die meisten Verbraucher erschöpft sich Lebensmittelhygiene aufs Händewaschen. Für Oecotrophologen gehörte Lebensmittelhygiene (zumindest in der guten alten Zeit des Diploms) zum Kanon der Pflichtfächer. Und wer die Vorlesung nicht geschwänzt hat, der sollte wissen, wie umfangreich das Thema Lebensmittelhygiene im Haushalt ist. Achtlose Lagerung und Zubereitung macht Lebensmittel zu Brutstätten von Keimen. Hier ist die Quelle der meisten Lebensmittelinfektionen.  EHEC muss der Anlass für alle Fachkräfte sein, eine massive Kampagne zur Lebensmittelhygiene zu starten. Wenn das Statistische Bundesamt (Fachserie 12 Reihe 4) z.B. für „Infektiöse Darmkrankheiten“ jährlich um die 1000 Todesfälle verzeichnet, dann zeigt das, dass EHEC nur die aktuelle Spitze eines Eisbergs ist, der im öffentlichen Bewusstsein kaum wahrgenommen wird. Hier sind Ernährungsmediziner und Ernährungsfachkräfte gefragt!

Ein Blog sollte kein Lehrbuch sein, trotzdem für alle, die sich an die Vorlesung nicht mehr erinnern, hier eine kleine Auswahl von Aspekten der Lebensmittelhygiene, die in der Information und Beratung der Verbraucher vermittelt werden kann. Fast jeder der folgenden Tipps braucht Vertiefung, die eigentlich nur geschulte Fachkräfte leisten können. Übrigens: Bei einer Reihe dieser Tipps lässt sich einwenden: „Ja, vor EHEC schützt das aber nicht.“ Es schützt aber vor anderen Erregern: Auch Norovirus und Salmonellen können tödlich sein!!

  • Tausend mal gehört, trotzdem hier noch einmal (der Vollständigkeit halber): Vor dem Verarbeiten von Lebensmitteln gründlich die Hände waschen, ebenfalls nach dem Toilettengang, nach dem Umgang mit rohen Eiern, nach dem Naseputzen oder Niesen und vor dem Essen.
  • Beim Einkauf darauf achten, dass temperaturempfindliche Lebensmittel beim Transport durchgehend kühl bleiben. Empfehlenswert sind Kühlboxen oder Kühltaschen für den Transport. Besonders im Sommer den Einkauf so planen, dass die Verweildauer der Lebensmittel im heißen Auto möglichst kurz ist. Beim Einkauf auf Mindesthaltbarkeitsdatum achten.
  • Leichtverderbliche Ware wie Fleisch, Wurst, Fisch, Milch und Milchprodukte, Eier und daraus Hergestelltes im Kühlschrank lagern und bei teilweiser Entnahme den Rest gleich wieder in die Kühlung stellen.
  • Hackfleisch immer am Tag des Einkaufs weiterverarbeiten. Rohe Fleischwaren wie Tartar, Hackepeter oder Carpaccio noch am selben Tag verzehren. Reste müssen am nächsten Tag weggeworfen werden oder noch am selben Tag zur weiteren Verwendung erhitzt werden. • Gefrier- (unter -18 °C) und Kühltemperaturen (unter +7 °C) einhalten.
  • Gefrorenes Geflügelfleisch ausgepackt im Kühlschrank unter Verwendung einer Auftauschale auftauen. Auftauflüssigkeit direkt nach dem Auftauen wegwerfen und das benutzte Geschirr gründlich mit Spüllösung reinigen.
  • Fleisch, besonders Geflügel gut durchgaren (mindestens 10 Minuten über 75°C). Gegebenenfalls Bratthermometer verwenden.
  • Speisen nicht lange warm halten, sondern schnell abkühlen oder wieder erwärmen.
  • Verderbanfällige Lebensmittel bedarfsgerecht einkaufen. Bei Obst, Gemüse und Brot auf Frische achten. Bei Schimmel Lebensmittel wegwerfen.
  • Arbeitsflächen, Kühlschrank und Brotkasten regelmäßig reinigen. Flächen gründlich trocknen lassen. Danach auf ein trockenes, sauberes Tuch (z.B. Geschirrtuch oder Küchenkrepp) 5%igen Haushaltsessig geben und damit die Flächen abreiben. Dies beugt Schimmelbildung vor.
  • Schneidbretter aus Holz oder Plastik gründlich reinigen, gut abtrocknen und senkrecht aufgestellt gut nachtrocknen lassen. Plastikbrettchen sind in sofern praktisch, weil sie relativ heiß in der Geschirrspülmaschine gereinigt werden können. Aber auch hier darauf achten, dass sie nach dem Spülen schnell trocknen.
  • Für gekochte und rohe Lebensmittel unterschiedliche Schneidbretter benutzen, da sonst leicht die Keime vom Rohen auf das Gekochte übertragen werden. Bei der Speisenzubereitung darauf achten, dass Gemüse und Rohkost nicht mit rohem Fleisch zusammen geschnitten und verarbeitet werden. Gegebenenfalls. zuerst Gemüse und Rohkost schneiden und danach Fleisch zubereiten. Dazu jeweils neue oder vorher wieder gereinigte Messer benutzen.
  • Bei Verwendung von rohen Eiern gleich nach dem Aufschlagen Schalen entfernen und die Hände gründlich waschen (Salmonellengefahr). Eier im Kühlschrank im verschlossenen Eierkarton oder einem anderen verschlossenen Behältnis getrennt von anderen Lebensmitteln lagern.
  • Beim Grillen für rohes und gegartes Fleisch unterschiedliche Gabeln und Zangen verwenden.
  • Geschirrtücher, Küchenhandtücher, Spüllappen, Wischlappen, Schwammtücher, Spülbürsten, Reinigungsschwämme und andere Reinigungsutensilien regelmäßig (alle 2- 3 Tage) wechseln und gründlich reinigen. Nach jedem Gebrauch so aufhängen, dass sie schnell trocknen. Lappen und Tücher in der Waschmaschine bei 60°C unter Verwendung einer Waschmittels mit Bleichanteilen (dient der Desinfektion) waschen, hin und wieder in der Waschmaschine oder in einem Kochtopf auskochen. Bürsten lassen sich gut mit in die Spülmaschine legen. Lappen, die unangenehm riechen, weisen auf eine sehr hohe Keimbelastung hin und zeugen von schlechtem hygienischen Standard.
  • Zum Spülen und Reinigen reichen im Haushalt vollkommen einfache handelsübliche Geschirrspülmittel und Allzweckreiniger. Desinfektionsmittel sind nicht zu empfehlen, da Sie überflüssig sind und zu dem dazu beitragen, dass vermehrt Allergien entstehen. Eine Ausnahme bilden Haushalte, in denen ein Dauerausscheider von Salmonellen lebt. In diesem Fall ist auf Anweisung des behandelnden Arztes ein Desinfektionsmittel zu verwenden.

(Die Liste entstammt übrigens einer Verbraucherinformation der IKK Nord. Wer als Fachkraft nicht auf eigenes Wissen zurückgreifen kann, der gebe bei Google als Suchbegriff „Lebensmittelhygiene im Haushalt“ ein und werde fündig.)