You see things; and you say, “Why?” But I dream things that never were; and I say, “Why not?

Diesen poetischen Gedanken von George Bernard Shaw stellte jüngst der norwegische Ökonom Bharat P. Bhatta von der Sogn og Fjordane Universität in  Sogndal einer sehr prosaischen Studie voran. Titel der Arbeit: „Pay-as-you-weigh (PAYW) pricing of an air ticket“ – zu gut Deutsch: Flugpassagiere sollten nach Gewicht bezahlen. Das ist nicht etwa Satire. Das meint der Mann bitterernst, kommt er doch zusammenfassend zum Schluss:

Under the current charging policy of airlines, fares are set regardless of weight and size of passengers. Marginal cost theory implies that the average fare seldom reflects the actual cost of flying a passenger because it does not take into account a passenger’s weight or the space taken up. Fares based on PAYW principles may be more efficient because passengers pay according to the fuel they use and the space they take up in a plane. Charging according to weight and space is a widely accepted principle in many other industries, but has met with public opposition in the context of air travel.

Ob der Mann mit dem wenig norwegischen Namen polynesischen Ursprungs ist und dadurch vielleicht Kontakte zu Air Samoa hat, ist auf die Schnelle nicht herauszufinden – es würde allerdings nicht verwundern. Denn bei der  kleinen Fluggesellschaft Air Samoa – sie betreibt zwei Flugzeuge mit zehn Sitzen und einen Viersitzer – muss seit Anfang des Jahres nicht nur das Gepäck auf die Waage, sondern auch der Fluggast selbst. Der Grund: Der Ticketpreis wird nach dem Gesamtgewicht der Passagiers berechnet, Gepäckstücke inclusive, wie die FAZ berichtet. Pech für die Insulaner, von denen laut Daten der WHO überdurchschnittlich viele fettleibig sind. „Die schweren Leute akzeptieren, dass das Zahlen nach Gewicht das fairste System ist, obwohl sie mehr als eine leichte Person zahlen müssen“, stellt Firmenchef Chris Langton fest und konstatiert, das System Je leichter der Passagier, desto niedriger der Preis werde von den Kunden  gut angenommen. Als Grund für die Maßnahme führt er unter anderem auch die steigenden Kerosinpreise an. Prof. Bhatta könnte ihm dazu handfeste Argumente liefern. Seinen Recherchen zufolge verbraucht jedes zusätzliche Kilo Fluggewicht pro Jahr eine Kerosinmenge im Wert von ca. 3000 $ – hinzu kommt die Freisetzung einer entsprechenden Menge CO2. Wenn nun ganz aktuell verlautet, dass Air India dicke Stewardessen nicht mehr in ihren Maschinen fliegen lassen will, dürften Sparmaßnahmen ganz anderer Art im Hintergrund stehen: Der mit sechs Milliarden Euro hoch verschuldeten Gesellschaft ist wohl jedes Mittel recht, wchwer kündbare Mitarbeiter loszuwerden.   Die Gewichtskontrollen könnten ein Versuch sein, einige ihrer schwer kündbaren älteren Angestellten loszuwerden, wie die ZEIT berichtet.

Sollte auch bei uns die Fettsteuer bei Flugtickets zum Thema werden, hätten die Dicken die öffentliche Meinung wohl gegen sich. Bereits im Jahr 2010 starte skyscanner, eine der großen Suchmaschinen für Billigflüge, eine Umfrage, bei der 76% der Befragten einen Strafzoll für Fettleibige befürworteten. Gegen Dicke hat bei uns natürlich niemand was. In einem Flugzeug neben einem sitzen, das muss für die meisten allerdings nicht unbedingt sein. Lang ist’s her, dass Reinhard Mey dachte, über den Wolken müsse die Freiheit wohl grenzenlos sein. Bestimmte Ängste und Sorgen bleiben eben nicht mehr verborgen – z. B. die Sorge, dass man nicht neben einem Dicken sitzen will. Die Erkenntnis, dass dem so ist, treibt offensichtlich auch bei den Fluggesellschaften schon seltsame Blüten. So heißt es in dem Skyscanner-Bericht zur Umfrage: Wenn der weltweite Trend zu höherem Durchschnittsgewicht der Menschen weiterhin ansteigt, könnten sich Airlines auf fettleibige Passagiere spezialisieren – „und zum Beispiel ganze Flugzeuge mit extrabreiten Sitzen anbieten oder zumindest eine bestimmte Anzahl verschieden großer Sitze zu unterschiedlichen Preisen.“ Wenn unser Dicker mit Eurem Dicken eine Reise tut, dann wollen wir lieber nicht dabei sein. Auch über den Wolken ist’s mit der Freiheit nicht mehr besonders weit her.