Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag, liebe Schnecke!               

 Am 10. Dezember 1989 hat Dich Dein Erfinder Carlos Petrini in Paris auf die Tour Mondial geschickt. Weil bei Dir alles etwas langsamer geht, bist du zwar weit, aber lange noch nicht weit genug gekommen. Die Glückwunsch-Meldungen in der Presse preisen Deine Entwicklung: Weltweit vereinst Du 100.000 Mitglieder unter Deinem Schneckenhaus, in Deutschland sind es inzwischen stolze 10.000. Aber ist das wirklich ein großer Erfolg? Der FanClub des 1. FC Köln hat 35.000 Mitglieder. Die Fans des guten Geschmacks scheinen dagegen eine eher seltene Spezies zu sein. Dabei schwebte Slow Food-Gründer Carlos Petrini wirklich Großes vor. Dereinst philosophierte er: “Eine globale Revolution kann allein aus lokalen Wurzeln erwachsen, und unsere Bündnisse können mit ihren Initiativen die Oppositionsbewegung gegen die Verirrungen der Agrar- und Lebensmittelindustrie stärken.”  Aus der Revolution ist nicht mal ein Revolutiönchen geworden, und mit den Bündnissen ist es auch nicht weit her. Vielleicht sind unter den Mitgliedern zu viele ergraute Studienräte mit 68er Vergangenheit und Ökotouch, die gerne lecker essen, schlau reden, alles wissen und sich Qualität gerne etwas kosten lassen.

Liebe Schnecke, an Deutschland denkst Du sicher mit Schrecken. Denn bei Slow Food Deutschland ist im Moment Schluss mit Genuss. Statt friedlich miteinander zu tafeln, schlägt man sich zumindest im Vorstand des gemeinnützigen Vereins die Köpfe ein. Was da passiert, ist sehr schön nachzulesen in Andreas Müllers Artikel „Grabenkämpfe im Genießerclub“ in der Stuttgarter Zeitung. Liebe Schnecke, ich wünsche Dir baldige Genesung von diesen Querelen, damit Du langsam weiter nach vorne kommst.