Ein rätselhafter Erreger ist in Nordrhein-Westfalen und Berlin aufgetaucht. Binnen kurzer Zeit erkranken tausende von Menschen. Schon hat die Seuche die ersten Todesopfer gefordert. Es beginnt mit Atembeschwerden, Durchfall, Übelkeit. Dann spucken die Infizierten Blut. Angst, Ratlosigkeit und Entsetzen breiten sich aus. “Tödlicher Killer-Keim wütet in Deutschland”, titelt ein fiktives Boulevardblatt. Die Medien überbieten sich mit den neuesten Horrormeldungen, auf allen TV-Kanälen laufen Sondersendungen, Millionen sind verunsichert. Und was tun die Behörden? – Sie üben Krisenmanagement und Zusammenarbeit! Denn glücklicherweise ist das geschilderte Szenario keine Realität, sondern ‚nur‘ Gegenstand von LÜKEX, einer groß angelegten Übung zur länderübergreifenden Zusammenarbeit und Abstimmung in extremen Krisenlagen, die gestern und heute – fast ohne Beachtung der Medien und Öffentlichkeit – in der Akademie für Krisenmanagement, Notfallvorsorge und Zivilschutz (AKNZ) in Ahrweiler stattgefunden hat.

Lebensmittelsicherheit und gesundheitlicher Verbraucherschutz stehen immer wieder im Mittelpunkt von Krisen, die schnell ein bedrohliches Ausmaß erreichen können. Noch ist EHEC nicht vergessen: Der Ausbruch im Jahr 2011 kostete 53 Menschen das Leben. Mit jedem neuen Fall gerieten damals das Krisenmanagement und die Krisenkommunikation der Behörden stärker in die öffentliche Kritik. Die aktuelle 6. länder- und ressortübergreifende Krisenmanagement-Übung „LÜKEX 2013“ („Länder Übergreifende Krisenmanagement-Übung/EXercise) greift diese Erfahrung auf und legt ihren Fokus auf außergewöhnliche biologische Gefahren – und bezieht dabei auch die Möglichkeit bioterroristischer Anschläge mit ein.

Im Übungsraum der Mediengruppe: Konzentration wie im ErnstfallIm Übungsraum der Mediengruppe: Konzentration wie im Ernstfall

Wie reagieren Behörden, Medien und Bürger, wenn in einem kurzen Zeitraum viele Menschen erkranken oder sogar sterben und Lebensmittel als Auslöser im Verdacht stehen? Über 2.000 Beteiligte in Bund und Ländern, Organisationen und Unternehmen haben diesen Krisenfall simuliert – koordiniert von den Krisenstäben im Gebäudekomplex des AKNZ in den Hügeln über Ahrweiler. Unter Federführung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) probte dort die behördenübergreifende Projektgruppe unter Beteiligung unter anderem des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und des Robert Koch-Institut (RKI) mit vielen weiteren Verantwortlichen aus den Sektoren Gesundheit, gesundheitlicher Verbraucherschutz und Sicherheit den Ernstfall. Neben den Behörden von Bund, Ländern und Kommunen waren übrigens auch 12 Unternehmen aus dem Bereich der Lebensmittelwirtschaft sowie Hilfsorganisationen und internationale Organisationen mit dabei, was der Übung besonders große Realitätsnähe verlieh.

Wenn morgen alle Beteiligten ins wohlverdiente Wochenende verschwinden, wird die Übung ca. eine Million Euro gekostet haben. Das ist sehr gut angelegtes Geld. Der Gesamtschaden von EHEC dürfte in die Milliarden gegangen sein. Und EHEC hat gezeigt, dass in der Krise keine Zeit bleibt, um wirkungsvolle Strukturen zu ihrer Bekämpfung aufzubauen. Dabei kommt es bei LÜKEX weniger auf inhaltliche Ergebnisse als auf die Methoden an: Dank LÜKEX können die Beteiligten an einem eventuellen Krisenmanagement die Zusammenarbeit üben. Das kann die Kommunikation im Ernstfall entscheidend erleichtern und beschleunigen und die Handlungssicherheit von Krisenstäben und ähnlichen Gremien im Ernstfall erhöhen. Und auf diese Handlungssicherheit kommt es an, wenn Entscheidungen getroffen werden müssen, die schneller wirken müssen, als sich eine Seuche verbreiten kann. Wer stellt sich schon vor, wie plötzlich, schnell und vernichtend ein Erreger auftreten und wüten kann, und wie leicht sich tatsächlich Terroristen der Verbreitung solcher Erreger auf Lebensmitteln bedienen könnten. Da kann man sich nur mehr solcher Übungen wünschen.