“Wir haben die Weltformel des guten Geschmacks” behauptet Arrigo Cipriani gestern imWELT-Interview von der italienischen Küche. Wie so mancher andere erfolgreiche Italiener leidet auch der Nudelfabrikant und Kochbuchautor offensichtlich nicht an übermäßiger Bescheidenheit. Als einträgliches Hobby betreibt der 79-jährige Patriarch der Cipriani-Familie, die ein weltweites Netz an Luxusrestaurants ihr Eigen nennt, zudem die weltweite Kette „Harry’s Bar“. Wie man erfährt, glaubt  Cipriani , dass Gemüse eine Seele hat, die verloren geht, wenn man es statt von Hand mit Maschinen schneidet.

Dabei predigt er das hohe Lied des Einfachen am Beispiel des Speisenangebotes in seinen Restaurants: „Alles ist einfach. Und wenn wir auf unseren Tellern zeigen, was wir kochen, bedienen wir keine nostalgischen Gefühle. Das Gegenbeispiel sind die Drei-Sterne-Köche, die alles zu Schaum verarbeiten. Überhaupt ist es das Schwierigste auf der Welt, das ‚Einfache‘ anzubieten. Gerade, wenn man sich in einer Tradition bewegt, ist man überprüfbar. Da ist kein Raum für Experimente oder Kreativität.“ sagt er und belegt das mit einem Beispiel, das mich überzeugt: „Nehmen Sie die Tomatensauce. Sie nehmen ein wenig Olivenöl bester Qualität, Sie geben geschälte Tomaten dazu und ein wenig Knoblauch. Keine Zwiebeln, keinen Wein, nur noch eine Prise Salz. Warum diese puritanische Strenge? Weil das Essen leicht zu sein hat, wenn man es jeden Tag essen will.“ Vielleicht hat er recht – zumindest in Bezug auf unser Essen – wenn er fragt, ob nicht möglicherweise das Festhalten an Traditionen viel progressiver sein kann als ihre Zerstörung. Und vielleicht gibt es sie ja doch, die Weltformel des guten Geschmacks, und wenn es sie gibt, könnte man sie tatsächlich in der Besonderheit des Einfachen finden.