Joachim Bauer, Professor für Psychoneuroimmunologie in Freiburg, warnt in einem Interview mit der WELT vor einem zunehmenden Verlust unserer Fähigkeit zur Selbststeuerung. Demnach macht das digitale Zeitalter Menschen zunehmend zu Getriebenen, die den Gesetzen von Reiz und Reaktion ausgeliefert sind: Wer auf jedes Pling aus dem Smartphone reagiert, wird zu einer Reiz-Reaktions-Maschine und hat aufgehört, seinen Rhythmus selbst zu bestimmen, so Bauer. Die Analogie zum Essen und Trinken liegt auf der Hand: Unsere Wege sind gesäumt von kulinarischer Verlockung. Wer ständig der Verführung zum Essen nachgibt, macht sich zum Sklaven seiner Fressinstinkte – und das macht krank.
Bauer: „Man hat die Aktivitätsmuster der Gene von Menschen untersucht, die einen hedonistischen Lebensstil pflegen, denen es also auf kurzfristige und schnelle Genüsse ankommt. Zum Vergleich analysierte man die genetischen Aktivitätsmuster von Personen, die “eudaimonisch” leben, also auf gute Selbstfürsorge achteten und sich um ein sinnvolles Leben bemühen. Menschen mit hedonistischem Lebensstil zeigen ein Aktivitätsmuster ihrer Gene, das Krebs, Herzerkrankungen und Demenz begünstigt. Planvoll lebende Personen sind nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher. Auch das ist durch Studien belegt. Es ist ein Irrtum zu glauben, dass Leute, die auf schnelle Genüsse aus sind, die besseren Genießer sind.“