..oder: warum die Forderung nach einer Superbehörde Unsinn ist

Ist Gefahr im Verzug, wünscht sich der Mensch gerne die eine, starke, rettende Hand. Die Medien bedienen diesen naiven Wunsch nur allzu gerne. Der Fall EHEC ist ein Paradebeispiel dafür. Als die Krise eskalierte, war er ganz schnell da, der anschwellende Ruf nach dem Superinstitut: Wir brauchen eine zentrale Behörde! Schluss mit dem Kompetenzgerangel! Wir wollen ein Superinstitut statt der verschiedensten Behörden und Institue – angeführt von drei Bundesinstiuten: Robert Koch Institut (RKI), Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)!

Wie verblendet stürzte sich fast die gesamte Journaille auf diese Forderung. Kollegen, die ansonsten inbrünstig vor Big Brother warnen, riefen plötzlich lauthals nach dem Big Institute. Prof. Dr. Helmut Erbersdobler, Herausgeber der Fachzeitschrift Ernährungs Umschau, kommentiert den „Unsinn, der über die Notwendigkeit zur Zentralisierung der Untersuchungen und Verlautbarungen verzapft wurde“ in einem aktuellen online-Beitrag mit der Feststellung:

„Wer hat den Schnelltest eingeführt? – die Uni Münster. Wer hat die Struktur und den genetischen Code aufgeklärt? – die Uni Hamburg. Wer ist auf die Spur der Sprossen gekommen? – das Land Niedersachsen.

Man könnte die Reihe der Erfolgsmeldungen aus der Peripherie (z. B. mit der Antikörpertherapie aus Greifswald) fortsetzen. Hätten wir eine zentrale Kontrolle gehabt, dann wäre ggf. die Warnung vor Sprossen noch später gekommen.“

Brauchen wir also wirklich die Gesundheits-Superbehörde? In einem der wenigen klugen Statements zu dieser Frage gibt der taz-Wissenschaftsredakteur Wolfgang Löhr einen klaren Kommentar: „Wir hatten eine solche Superbehörde schon einmal: das Bundesgesundheitsamt (BGA), das nach einer Reihe von Skandalen 1994 aufgelöst wurde. Zuletzt war es der Skandal mit HIV-verseuchten Blutpräparaten, der dem BGA ein Ende bereitete. Die drei Bundesbehörden und die Arzneimittelbehörde in Bonn sind die Nachfolgeinstitutionen. Die Aufteilung mit unterschiedlichen Kompetenzen erfolgte unter anderem auch, damit eine gegenseitige Kontrolle stattfinden kann. Beim damaligen BGA fehlte dieser Gegenpart, sodass so manches Problem erst einmal in der Schublade verschwand. Der HIV-Skandal war nur einer davon.“