Wenn Sie nicht gerade in Rom wären, könnten Sie in dieser Woche nach den Gottesdiensten in ihrem Bistum die Kollekte für die Aktionswoche der Welthungerhilfe (vom 13. Bis 20. Oktober), sammeln lassen. Da kämen sicher ein paar tausend Euro zusammen. Stellen Sie sich vor: Mit 1.000 Euro kann man 10 Kinder irgendwo in einem der Hungerzonen der Welt fast ein Jahr lang ernähren.
Das würden Sie wissen, wenn Sie „33 Cent – um ein Leben zu retten“ gelesen hätte, das beeindruckende Jugendbuch des Dänen Louis Jensen: Als ein Junge erfährt, dass man nur 33 Cent pro Tag braucht, um das Leben eines afrikanischen Kindes zu retten, ändert er sein Leben. Wenn der Hunger so leicht zu bekämpfen ist, warum tut es dann niemand, fragt sich der Erzähler und beschließt, wie Robin Hood zu handeln. Er nimmt von den Reichen und gibt es den Armen. Der Erzähler muss zusehen, wie die Erwachsenen bei dem Thema Armut nur ein Achselzucken übrig haben, und so greift er zu immer radikaleren Maßnahmen. Schließlich bricht er zusammen mit seiner Freundin Anne und einem gestohlenen Kühlwagen voller Lebensmittel in Richtung Afrika auf, um den dortigen Kindern zu helfen. Eine berührende Geschichte von einem nachdenklichen Jungen, der für Gerechtigkeit kämpft.
Aber: „Die Welt isSt nicht gerecht“ – so lautet das Motto der aktuellen Welthungerhilfe-Woche. Beileibe ist sie das nicht, und bei Gott nicht alle Bischöfe gehören zu den Gerechten. Ihre Geschichte, Herr Tebartz van Elst, ist weniger berührend als bedrückend. Stellen sie sich vor, Sie hätten in Limburg ‚nur‘ 5 Millionen verbaut und dann ein Machtwort gesprochen und einen Schlussstrich gezogen – und wären vielleicht mit einer Badewanne für 1.500 zufrieden gewesen statt mit der für 15.000 Euro (…was wohl an Dekadenz nicht mehr zu überbieten ist). Dann hätten sie 25 Millionen übrig gehabt, um die Welt ein bisschen gerechter zu machen – Sie hätten damit – rein rechnerisch – 80.000 Kinder drei Jahr lang ernähren und vor dem Hungertod bewahren können. Jetzt, nachdem sie das Geld in Limburg versenkt haben, können Sie keine Kinder mehr retten. Jetzt können Sie noch bestenfalls Ihre eigene Haut retten.
Ach, und wenn Sie dann das Bedürfnis hätten, Buße zu tun, sollten Sie vorher noch kurz das Buch von Louis Jensen lesen. Wie gesagt – es heißt: “33 Cent – um ein Leben zu retten.”
Das Buch, der Gedanke – der dahinter steht, ist beeindruckend und es wäre schön, wenn sich mit der Zeit etwas ändern würde. Die Geschichte ist zwar etwas sehr weit hergeholt, aber es geht ja um die Aussage. Die ist wichtig!
ist es naiv, zu erwarten, dass ein Geistlicher, noch dazu ein hoher Würdenträger der katholischen Kirche, der als solcher für christliche Werte wie Nächstenliebe, Fürsorge und Gerechtigkeit steht, auch in seinem persönlichen Dasein und Schaffen primär versucht, diese Werte zu leben? Das zweite vatikanische Konzil legt fest, “dass die Bischöfe aufgrund göttlicher Einsetzung an die Stelle der Apostel nachgerückt sind, gleichsam als Hirten der Kirche; wer sie hört, hört Christus, und wer sie verachtet, verachtet Christus und den, der Christus gesandt hat.”
Eine große Verantwortung. Ob Bischof Tebartz-van Elst die Bedeutung dieser Worte bewusst ist? Ob er eine Ahnung hat, wie viele ehrliche Christen und Gläubige in ihrem Vertrauen erschüttert sind? Ob er eine Vorstellung davon hat, wie viele Menschen, die tagtäglich in kirchlichen Einrichtung für kleines Geld oder ehrenamtlich arbeiten, sich hintergangen fühlen? Ob nun Steuergeld oder der sogenannte bischöfliche Stuhl Quell der Millionen ist, ist dabei letztlich egal, denn hier gilt das moralische Gebot, das die Kirche sich und ihren Gläubigen auferlegt. Wo sonst, wenn nicht hier, sollte man darauf vertrauen können?
30 Mio €, etwa 90 Mio mal 33 Cent. Welch eine Verschwendung !
Ich stimme Marianne zu, dass sich vermutlich am “gefallenen” Bischof Tebartz-van Elst nur das manifestiert, was am System katholische Kirche wohl schon länger krankt. Vielleicht liegt hierin ja auch eine Chance für Aufklärung und Besinnung auf christliche Werte.
Liebe Marianne, einen sehr guten Kommentar zum Tebartz-Fall habe ich hier gelesen: https://www.welt.de/debatte/kommentare/article120906322/Das-Amtsverstaendnis-der-Kirche-geraet-ins-Wanken.html . Man versteht nach der Lektüre (vor allem dann, wenn man – wie ich – kein Katholik ist) warum sich die Kirche so schwer tut mit solchen “fehlgeleiteten” Knaben.
Hm. Ich habe ja ein Problem damit, mir Namen zu merken. Aber dieser wird in den Medien so oft wiederholt, dass sogar ich ihn parat habe. Ich weigere mich jedoch, das Problem nur an diesem festzumachen. Mir scheint, dass hier ein zugegebenermaßen fehlgeleiteter Prügelknabe vom eigentlichen Problem ablenken soll. Ist es nicht eher dieser Skandal: Wieso hat der Mann soviel Geld im Zugriff und warum darf er es für Larifari benutzen. Man hätte ja bei den Sparbemühungen der Kirchen schon auf den Gedanken kommen können, sie wären kurz vor dem Bankrott.