Skandal: Was kann die arme Sau dafür, dass ihr bestes Stück verschleudert wird (foto: muehleib)Was kann das arme Schwein dafür, dass sein bestes Stück verschleudert wird (Foto: muehleib)

Das ist ein echter Fleischskandal: ALDI hat am Wochenende zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen die Preise für Fleisch- und Wurstwaren gesenkt – um bis zu zehn Prozent –  und damit im Preiskampf der Discounter um den niedrigsten Fleischpreis eine neue Runde eingeläutet. Verbrauchervertreter und Politiker sind empört – denn klar ist: Am meisten leiden die unter dem Preisdumping, die sich am wenigsten wehren können – die Tiere. Auch Schleswig-Holsteins Agrarminister Robert Habeck (Grüne) platzt da glatt der Kragen: “Über Fleischwaren einen Dumpingwettbewerb zu führen, ist schlicht eine Schweinerei”, schimpfte er und forderte die Verbraucher auf, verantwortungsvoll zu handeln und die Billigprodukte zu “verschmähen”. Renate Künast (Grüne), Ex-Landwirtschaftsministerin und derzeitige Vorsitzende des Verbraucherausschusses des Bundestages stieß in der Saarbrücker Zeitung in das gleiche Horn: »Die Verbraucher werden sich dagegen wehren«. Wie bitte? Wie naiv ist das denn?

Da ist leider allenfalls die Hoffnung Mutter des Gedankens – und wird es bleiben. Ein Verbraucherboykott – das wär zu schön, um wahr zu sein. Der Verbraucher ist nicht mündig und aufgeklärt. Er handelt nicht verantwortungsbewußt und nachhaltig. Er ist ein jämmerliches Sparbrötchen und rennt nach wie vor dem Billigsten hinterher. Und es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich das ändern wird. Da mögen einige Grüne und Linke noch so Zetern und die Solidarität beschwören – das wird verhallen, und alle rennen weiter zu den Discountern und kaufen Billigwurst.

Dabei hätten es die Verbraucher wirklich in der Hand, die Dumpingschraube zu stoppen. Vier Wochen Billigfleischboykott, und die Discounter hätten verstanden. Begleitet und gestützt von einer Kampagne der Verbraucherorganisationen könnte eine solche Aktion sogar dafür sorgen, dass Preiserhöhungen tatsächlich den Produzenten und dem Tierwohl zu Gute kommen. Was wäre so schwer daran: Lasst die Billigware in den Aldi-Truhen gammeln, bis sie grün wird. Kauft das Fleisch stattdessen beim Metzger Eures Vertrauens. Fleisch – die Hälfte reicht. Dann kann man für die verbleibende Hälfte guten Gewissens das Doppelte bezahlen – für Qualität, für Fleisch und Wurst von Tieren aus kontrollierter Haltung und Fütterung. Damit keine Zweifel aufkommen: Die Hälfte, das sind immer noch 30 Kilo Fleisch pro Kopf und Jahr. Da muss keiner Entzugserscheinungen befürchten, und gesund wäre es zudem allemal!

Wie dem auch sei – auf einen Boykott wegen zu niedriger Preise wird man im Land der Sparbrötchen vergeblich warten. Wer bisher zu den Discountern rennt, wird weiter dahin laufen und am Liebsten das Billigste vom Billigen kaufen. Verbraucherboykott – gab’s das bei uns überhaupt schon mal? Wenn, dann muss es lange her sein. Ein Märchen aus nie dagewesenen Zeiten. Wer auch immer allerdings ein Päckchen Billigfleisch oder -wurst kauft, muss wissen, dass er damit ALDI und Co. zu weiteren Preiskämpfen animiert. Denn die werden nicht müde, zu beteuern, dass sie nichts anderes tun als die wachsende Nachfrage nach immer billigeren Produkten zu erfüllen.